Schnee in Amsterdam

BuchcoverDie Lehrerin Stella und der Architekt Gerry leben als Renter in Glasgow. Um ihrem Alltagstrott zu entkommen, fliegen sie für ein paar Tage ins winterliche Amsterdam.

Mit großen Hoffnungen treten die beiden ihre Reise an. Gerry trinkt zu viel – und er weiß, wie sehr seine Frau dies verabscheut. Inständig wünscht er sich, ihr wieder näher zu kommen. In Amsterdam will er ihr beweisen, wie sehr er sie noch immer liebt.

Stella ist todunglücklich. Ihr Ehemann lässt sich gehen und reizt sie im täglichen Beisammensein bis aufs Blut. Sie schämt sich für ihn, sie verachtet seine Sucht und sie hadert mit sich selbst und ihrem unfertigen Leben. Gern hätte sie eine große Familie gehabt, doch ihr Sohn und der einzige Enkel leben auf einem anderen Kontinent.

Ihre Ehe hat Stella längst abgeschrieben, und im Stillen betrauert sie ein vor langer Zeit gebrochenes Versprechen. In Amsterdam fiebert sie einen heimlich vereinbarten Termin im Beginenhof entgegen: Noch scheint es ihr nicht zu spät für einen Weg in ein erfülltes Leben …

Zwischen Hoffen und Sprachlosigkeit

Amsterdam, Gracht
Stella und Gerry erkunden das winterliche Amsterdam

Wer kennt das nicht? Man freut sich auf eine Reise, auf Zeit zu zweit, auf Raum für mehr Nähe und darauf Neues zu entdecken. Und dann kommt alles ganz anders. Nichts geht zusammen. Das Wetter ist mies, im beengten Hotelzimmer geht man einander auf die Nerven. Im Urlaub treten die Risse einer Beziehung oft gnadenlos zu Tage.

Auch Stella und Gerry müssen das erfahren. Ihre Körper sind alt und gebrechlich, ihre Liebe ist fadenscheinig und verbraucht. Bereits der Hinflug beginnt mit einem Eklat. Vermeintlich unbeobachtet deckt sich Gerry im Duty-Free-Shop mit Hochprozentigem ein, doch Stella kennt seine Tricks zu Genüge. Im Flugzeug straft sie ihren Mann mit kalter Verachtung und weist seine Friedensangebote brück zurück.

Gerry schämt sich für seine Sucht, doch es gelingt ihm nicht, dagegen anzugehen. Wieder und wieder belügt er seine Frau und verfällt in einen beinahe kindlichem Trotz. Stella ist des Ganzen überdrüssig, sie sehnt sich nach Ruhe, Stille und Spiritualität.

Amsterdam, Beginenhof
Im Beginenhof hofft Stella auf einen Neuanfang

Lebensklug und mit trockenem Humor erzählt Bernard MacLaverty von den Mühen des Alters, den Unwägbarkeiten einer Reise und einer langen, beinahe gescheiterten Ehe.

Seine Dialoge treffen ins Mark, oszillieren zwischen Fürsorglichkeit und Kälte, in ihrer Alltäglichkeit sind sie ebenso tragisch wie komisch. Unter der hauchdünnen Decke des nichtsagenden Geplänkels lauern Verachtung und Langeweile, die den Blick auf den einst geliebten Menschen beinahe vollständig verstellen.

»Schnee in Amsterdam« ist ein leiser, trotz aller Bitterkeit auch warmherziger Roman über ein Paar, dass sich kaum noch ertragen kann und dennoch einen Funken Liebe in sich trägt.

Und gleichzeitig ist die Geschichte ein wunderbarer Streifzug durch das winterliche Amsterdam, der von Rijksmuseum über das Anne-Frank-Haus führt, Cafés und Irish Pubs streift und einen spannenden Blick in den Beginenhof erlaubt.

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