Haus aus Glas

In der Villa der Familie Schwarz feiert man die Hochzeit der jüngsten Tochter Emily. Als der Bräutigam nach der Hochzeit unter seltsamen Umständen verschwindet, brechen in der Familie alte Wunden auf … Stark gespieltes Familiendrama über den langen Nachhall eines traumatischen Ereignisses.


Emily ist die jüngste Tochter der Industriellenfamilie Schwarz. Als kleines Mädchen wurde Emily aus dem elterlichen Garten verschleppt, die Entführer sperrten sie in einer Holzkiste ein. Seitdem bestimmt die Angst den Alltag der Familie. Das Anwesen der Familie ist streng gesichert, die Kinder wuchsen mit Personenschutz auf.

Emily führt ein Doppelleben / Foto: WDR © Guillaume Van Laethem

Panikattacken hindern Emily daran das Haus allein zu verlassen. Freunde, Ausgehen, Arbeiten gehen – Fehlanzeige. Nur im Internet fühlt sich sich frei, als Influencerin Milli*Star betreibt sie heimlich einen erfolgreichen Astro-Channel.

Emily leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung, lebt zurückgezogen und abgeschirmt im Kreis ihrer Familie. ... Sie leidet unter ihrer Opferrolle, weiß sie aber auch für sich auszunutzen, um ihren Willen durchzusetzen und ihre Familienmitglieder zu manipulieren.
SARAH MAHITA (Emily)
Emily wartet verzweifelt auf Felix / Foto: WDR © Michel Vertongen

Heute ist Emilys großer Tag, im Garten ihres Elternhauses wird sie ihren Traummann Chris heiraten. Die Gästeschar ist klein und besteht fast ausschließlich aus der Familie. Während Bruder Felix auf den letzten Drücker aus Kanada eintrifft, rettet Emilys Schwester Leo wie so oft die Stimmung.

Am Tag nach der Hochzeit lässt Vater Richard eine Bombe platzen. Die Gießerei steckt in Schwierigkeiten, er bittet seine Kinder um einen Verzicht auf ihr Erbe. Gleichzeit soll Chris sein designierter Nachfolger werden. Für Emilys älteste Schwester Eva, die im Familienbetrieb arbeitet, und für den in Geldnöten steckenden Felix ist die Ankündigung ein Schlag ins Gesicht.

Gestresst bricht das junge Ehepaar zur Hochzeitsreise auf, bei der Chris unter seltsamen Umständen spurlos verschwindet …


Chris hilft Emily durch die Panikattacke / Foto: WDR © Michel Vertongen

Selten hat man eine deprimierendere Hochzeitsfeier gesehen. Der äußere Glanz trügt, die Stimmung ist künstlich heiter und angespannt. Bei Champagner und Häppchen taucht man Belanglosigkeiten aus. Bis ein Alarm das Wohnzimmer in einen Panic Room verwandelt und Emily das erste Mal austickt.

Sofort fällt die Familie in alte Rollen zurück: Mutter Barbara will das Problem einfach nur loswerden, Vater Richard bemüht sich »das Richtige« zu tun. Und irgend jemand muss Emily zur Raison bringen. Früher war das Felix‘ Job, er war der einzige, der die von Ängsten geschüttelte Emily beruhigen konnte. Und der deshalb immer zur Stelle sein musste. Jetzt übernimmt das Chris, sanft und beruhigend wirkt er auf Emily ein.

Als sich der Alarm als Fehlalarm herausstellt wird weiter gefeiert, doch die Stimmung ist im Eimer. Wie üblich bemüht sich Leo die Situation zu entkrampfen, während Eva mit bissigen Bemerkungen um sich schmeißt. Obwohl Eva in der Gießerei viel Verantwortung übernimmt, geizt der Vater mit Anerkennung für sie und ihre Leistungen.

Toxische Auswirkungen auf die ganze Familie

Leo, Felix und Eva / Foto: WDR © Michel Vertongen

Und damit ist die Richtung gesetzt. In dieser Familie stimmt nichts, ein riesengroßer Elefant steht mitten im Raum und vergiftet die Beziehungen. Die Serie nimmt sich Zeit, die Ursachen des schwelenden Konflikts von verschiedenen Seiten zu beleuchten, und zeigt, welche toxische Auswirkungen die Entführung auf das Leben aller Familienmitglieder hatte.

Ich bin ... der Überzeugung, dass die Rollen, die wir als Kinder innerhalb unserer Familien annehmen – Rebellin, Tröster, Lastenträgerin, Lichtbringer – der zentrale Motor sind für unser späteres Handeln. In der Zuteilung der Rollen kann eine ungeheure Brutalität liegen ...
ESTHER BERNSTORFF - Idee und Drehbuch

Erfreulicherweise verzichtet die Serie auf plumpe Dialoge und vertraut Körpersprache und Mimik des herausragenden Ensembles. Bereits in den ersten Szenen sieht man, wie Felix beim Betreten seines Elternhaus erstarrt, spürt die Übergriffigkeit und seinen Widerwillen, wenn Emily wie eine Klette an seinen Hals hängt.

Barbara will nicht, dass Felix zurück nach Kanada fliegt / Foto: WDR © Guillaume Van Laethem

In den Augen aller ist Felix der Einzige, der Emily beruhigen und glücklich machen kann. Eine alptraumhafte Last, von der er sich nur unter größten Mühen und zu einem hohen Preis befreien kann. Das ist stark gespielt, und ebenso wie die Verletzungen seiner Geschwister schlüssig erzählt.

Die nicht gelungene Bewältigung des Traumas durch die Eltern prägt die Kindheit der Geschwister. Besonders Felix leidet stark und sein innerer Kampf ist ein zentrales Thema.
ALAIN GSPONER - Regie

In den Hauptrollen glänzen Sarah Mahita als traumatisierte und manipulative Emily, Stefanie Rheinsperger (Tatort Dortmund) als schonungslos ehrliche Eva, Merlin Rose als Sündenbock Felix und Morgane Ferru als die sich selbst verleugnende Leo. Götz Schubert (Die verlorene Tochter) spielt Vater Richard, Juliane Köhler (Eden, Zwei Leben) die erfolglose Künstlerin und Mutter Barbara.

Gedreht wurde die Serie vorwiegend in Belgien, zu den Drehorten gehören Eupen, Brüssel und Lüttich. Die Szenen in denen Felix auf seine alten Freunde trifft (Fahrradladen und Café) wurden in der Innenstadt von Eupen gedreht. Eine nahe Waterloo gelegene Designer-Villa war der Drehort für Szenen auf dem Schwarz’schen Anwesen. In Deutschland wurden kurze Szenen am Flughafen Köln-Bonn und am Aachener Bahnhof gedreht.


Sendetermine

arte
Donnerstag, 4. Januar 2024, ab 20:15 Uhr, alle 6 Folgen
online vom 28.12.2023 bis 2.2.2024 in der arte Mediathek

das Erste
Folge 1 + 2: Dienstag, 9. Januar 2024, ab 20:15 Uhr
Folge 3 + 4: Mittwoch, 10. Januar 2024, ab 20:15 Uhr
Folge 5 + 6: Freitag, 12. Januar 2024, ab 20:15 Uhr
online vom 29.12.2023 bis 26.6.2024 in der ARD Mediathek