Friedensgespräche

Edvard Behrends ist ein hoch angesehener Diplomat, bekannt für sein Geschick Friedensabkommen zu vermitteln. Jetzt sitzt er in einem luxuriösen Bergresort fest, inmitten der verschneiten Tiroler Alpen.

Dort leitet er die Friedensgespräche zwischen zwei Bürgerkriegsparteien aus dem Nahen Osten. Die Verhandlungen geraten immer wieder ins Stocken, wechselseitig drohen die Parteien mit dem Abbruch der Gespräche.

„Was auch immer erforderlich ist … ” höre ich den alten Forrester damals an der Diplomatenschule noch zu uns sagen, „Dazu gehört auch Schmeicheln und Bitten. Den Abschaum der Welt um Verzeihung anflehen.”
TIM FINCH - Friedensgespräche

Mit scheinbar stoischen Gleichmut und viel Erfahrung bringt Edvard die Fraktionen immer wieder an den Verhandlungstisch zurück, verschafft den verfeindeten Parteien benötigten Raum.

Morgendliche Spaziergänge sorgen für einen klaren Kopf, abends sitzt er noch spät an der Bar. Mit den Drinks gleiten seine Gedanken ab, in den lang ersehnten Dialog mit Anna, die er so quälend vermisst …

Ich merke, wie ich ohne große Qual an dich denken kann. Ich vermisse dich, aber der Gedanke daran zerfleischt mich nicht. Das habe ich dem Drink zu verdanken, kein Zweifel. Darum trinke ich. Wegen der Unschärfe und dem Verschwimmen.
TIM FINCH - Friedensgespräche

Das Vergangene ruhen lassen

Was beginnt wie ein Roman über die hohe Kunst der Diplomatie und den mühsamen Umgang mit Kriegsverbrechern und deren Delegierten, entpuppt sich als packende Reflektion über den Umgang mit Trauer und die Kunst, das Vergangene ruhen zu lassen.

Unsere besten Resorts, einst Sanatorien zur Behandlung von Tuberkulose und anderen chronischen Erkrankungen, sind nun Sanatorien zur Behandlung von Kriegen.
TIM FINCH - Friedensgespräche

Denn der Friedensstifter Edvard Behrends ringt selbst um seinen inneren Frieden. Die Ärztin Anna, Edvards Ehefrau, lebt nicht mehr. Ihr plötzlicher Tod treibt ihn um, zusammen mit all dem Ungesagten, Ungelebten und auch den schönen, unwiederbringlichen Momenten.

Obwohl sie beide ein sehr eigenständiges Leben geführt hatten, vermisst er sie mehr, als er es jemals vermutet hätte, noch Monate nach ihrem Tod ringt er um Schlaf. Frieden zu schließen, mit dem was passiert ist, bleibt eine täglich neu zu bewältigende Aufgabe.

Sprachlich geschliffen und mit trockenem Humor erzählt Tim Finch, wie Edvard versucht weiterzuleben. Der Diplomat lässt London und die Freunde hinter sich, verkauft das geliebte Haus und bezieht eine Wohnung in Genf, die er gerade wegen ihrer Gesichtslosigkeit schätzt.

Er hatte irgendwo gelesen, dass es für die Menschen, die jemanden verloren haben, zum Schmerzhaftesten gehört, dass niemand mit ihnen über die Person spricht, die sie verloren haben, aus Angst, den anderen aus der Fassung zu bringen oder etwas Falsches zu sagen.
TIM FINCH - Friedensgespräche

Ein eindringlicher Roman über Trauer, das mühselige Geschäft der Diplomatie und die hohe Kunst des Friedenschließens. Knapp und auf dem Punkt, und dabei ebenso kurzweilig wie berührend.

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