Naomi und Juval leben mit ihrem einjährigen Sohn in Tel Aviv. Während ein arabischer Handwerker ihren Balkon renoviert, ist Naomi mit dem quengelnden Kind allein zu Hause.
Sie fühlt sich gestresst, die Gegenwart des fremden Mannes macht ihr Angst. Gleichzeitig schämt sie sich für ihre Gedanken und versucht, besonders höflich zu sein. Während der Fremde ihre Toilette benutzt, kümmert sich Naomi um Kaffee und Kekse.
In diesem Moment schubst das unbeaufsichtigte Kleinkind einen Hammer vom Balkon. Auf der Straße wird ein Teenager tödlich getroffen, es ist der Sohn des Lebensmittelhändlers von gegenüber. Die Polizei führt den Handwerker ab, Naomi ist wie gelähmt und schweigt.
Später taucht der Sohn des Verhafteten vor dem Haus auf; ein Mob schickt sich an, den vermeintlichen Terroristen zu lynchen. Juval kommt dem Jungen zur Hilfe, doch damit bringt er seine eigene Familie in eine brenzlige Situation.
Zermürbt von den Folgen des Unglücks verlässt Naomis Familie die Heimat, Juval nimmt eine gut dotierte Stelle in Nigeria an.
In Lagos leben die drei in einer luxuriösen Wohnung mit Blick aufs Meer, doch die Gespenster der Vergangenheit sind mit ihnen gereist …
Israel nach dem 7. Oktober
Ayelet Gundar-Goshen ist die israelische Meisterin raffinierter Psychodramen, bereits in ihrem Romanen »Lügnerin« und »Löwen wecken« verstrickten sich ihre Figuren in ein Netz aus Lügen, Vertuschung und Halbwahrheiten. Immer geht es in ihren Büchern auch um Schuld, und die Schwierigkeit, das Richtige zu tun.
Der Auftakt des neuen Romans – die Szene mit dem Handwerker auf dem Balkon – erinnert an die libanesische Tragikomödie »Der Affront«: Dort gerät ein christlicher Libanese mit einem palästinensischen Handwerker auf einem Balkon aneinander, lang angestauter Frust entlädt sich in einer handfesten Schlägerei.
Doch während es im Film um Verbitterung geht, ist das zentrale Thema von »Ungebetene Gäste« die Durchdringung der israelischen Gesellschaft mit einer tiefgreifenden Angst. Man spürt, dass der Roman nach dem 7. Oktober geschrieben wurde.
Misstrauen und Panik treiben die Figuren um, nichts scheint mehr sicher, niemanden kann man trauen. Während die jüdische Familie jederzeit einen Anschlag erwartet, kann der arabische Handwerker allzu leicht beschuldigt und verhaftet werden. Im Exil werden Naomi und Uri dann selbst erfahren, wie schnell man zu einem ungebetenen Gast werden kann.
Ein hochaktuelles und spannendes Drama über Schuld, Scham und Verantwortung. Und über die zersetzenden Folgen von Terror und spaltender Politik.