Texas, 1993. Jaye ist noch ein Teenager, als ihre Mutter den Vater verlässt und sich Perry Cullen anschließt, einem messianischen Prediger, der von seiner Glaubensgemeinde nur »Lamb« genannt wird.
In Waco kommen beide auf Lambs Ranch unter und werden zunächst von den Alteingesessenen eifersüchtig beäugt. Doch was als Abenteuer beginnt, entwickelt sich zu einem Alptraum.
Auf der Ranch ist alles marode und versifft, die Arbeit ist hart und das Essen knapp. Jaye hasst Lambs religiöses Geschwafel – und vor allem die Art, wie er sie ansieht. Als sie in der Stadt den vierzehnjährigen Roy kennenlernt, Sohn des hiesigen Sheriffs, fühlen sich beide sofort zueinander hingezogen.
Doch um sie herum zieht Unheil auf. Lamb bereitet seine Jünger auf den Weltuntergang vor und hortet auf der Ranch heimlich Waffen. Die Behörden werden nervös und Roys Vater entgleitet die Lage …
Literarischer Thriller über die Macht von Ideologien
Bret Anthony Johnstons Roman basiert auf wahren Ereignissen, die sich 1993 während der Belagerung und schließlich des Sturms auf David Koreshs Sekte »Branch Davidians« zugetragen haben.
Den emotionalen Kern der Geschichte bildet die vorsichtige Annäherung zweier Teenager, die sich an entgegengesetzten Fronten eines eskalierenden Konflikts wiederfinden.
Johnston lässt uns tief in die Innenwelten der Jugendlichen blicken: Jaye ist wütend, klarsichtig, unerschrocken – und zutiefst erschöpft von der ständigen Anpassung, die das Leben innerhalb der Sekte ihr abverlangt. In ihr konkurriert ein brennender Wunsch nach Freiheit mit der Angst, ihre Mutter zu enttäuschen. Roy hingegen ist schüchtern, loyal und sensibel. Seinen im Irak stationierten großen Bruder Mason vermisst er schmerzlich, und bemüht sich, dessen Lücke für seine Eltern zu füllen.
Einschübe in Form fiktiver Podcast-Interviews brechen die abwechselnden Perspektiven der Teenager immer wieder auf. Die darin geschilderten Erinnerungen sind gefärbt, Wahrheit erscheint unzuverlässig und fragmentarisch. Eine geschickter Kunstgriff, der dem Roman einen intensiven Sog verleiht.
Johnston verzichtet weitgehend auf klischeehafte Zuschreibungen, gerade durch die Podcast-Beiträge erscheint auch Lamb durchaus nuanciert. Nach und nach setzt sich das Bild einer verschworenen, durch Glauben getragenen Gemeinschaft zusammen, die als Preis der Zugehörigkeit auch Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe toleriert.
»We Burn Daylight« ist ein fulminanter literarischer Thriller über die Macht von Ideologien, packend und ohne Pathos erzählt. Hautnah schildert Johnston den verhängnisvollen Weg in eine maximale Eskalation zwischen Staat und radikalen Staatsverweigerern – eine Geschichte, die aus heutiger Sicht geradezu erschreckend aktuell wirkt.