Jule hat es komplett vergeigt. Am Ende des Sommersemesters rasselt sie nicht nur durch die Prüfung, nein, sie ist auch noch schwanger. Sie packt ihre Sachen und macht sich mit ihrem Wohnmobil »303« auf den Weg in den Süden. In Portugal will sie ihren Freund Alex treffen.
Zur gleichen Zeit erfährt Jan, dass seine Bewerbung für ein Stipendium abgelehnt wurde. Er braucht dringend einen Tapetenwechsel und plant einen Trip nach Spanien. Dort will er seinen leiblichen Vater kennenlernen.
Als Jan an einer Tankstelle kurz hinter Berlin seine Mitfahrgelegenheit verpasst, schlägt er sich als Anhalter durch. Jule nimmt ihn mit, eigentlich nur bis Köln.
Doch mit jedem Kilometer, den die beiden zurücklegen, kommen die beiden besser ins Gespräch. Jan ist überzeugt, dass der Mensch von Natur aus egoistisch ist, Jule hingegen glaubt an den Zusammenhalt.
Bald liegt Deutschland hinter ihnen, gemeinsam durchqueren sie Belgien, Frankreich und erreichen Spanien. Die Anziehungskraft wächst mit jeder Minute, doch für Jule ist es ein denkbar schlechter Zeitpunkt um sich zu verlieben …
Lebenslust und Freiheit
Was für ein wunderbares Paar. Sie sind jung, hitzköpfig, sehnsüchtig und idealistisch. Gern schaut man Jule und Jan dabei zu, wie sie auf ihren Roadtrip durch Südeuropa peu à peu ineinander verlieben.
Hans Weingartner (Die fetten Jahre sind vorbei) trifft mit seinem Roadmovie erneut das Lebensgefühl der Twentysomethings und erinnert dabei an den legendären Klassiker »Before Sunrise«, in dem July Deply und Ethan Hawke diskutierend und flirtend durch die Wiener Nacht streifen.
»303« lässt seinen Protagonisten jedoch viel mehr Zeit und viel mehr Raum. Die Lovestory entwickelt sich zart und auch ein bisschen verklemmt, obwohl die beiden doch viel über freie Liebe und Beziehungsmuster diskutieren. Gerade das macht den besonderen Reiz der Story aus, denn in Wahrheit sind die beiden doch weitaus weniger cool, als sie sich geben.
Mit seinen tollen Landschaftsaufnahmen zeigt der Film auch, wie schön das langsame Reisen sein kann. Zu sehen, wie sich die Landschaft verändert und das Licht allmählich den Süden ankündigt.
Und in Corona-Zeiten entwickelt dieser Film darüber hinaus noch einen ganz eigenen, unwiderstehlichen Sog: quer durch den Kontinent zu fahren erscheint wie ein beinahe unerhörter Akt der Lebenslust und Freiheit.
Ein wunderbares Roadtrip-Movie, fabelhaft gespielt von Mala Emde und Anton Spieker.
Die Route des 303 verläuft von Berlin nach Herbeumont in Belgien, dann quer durch Frankreich, über Verdun und die Loire bis an den Atlantik bei Messanges, und schließlich entlang der spanischen Bergkette Picos de Europa durch Spanien, bis tief in den Süden Portugals, nach Bordeira.
Wer Lust auf weitere Fahrten gen Süden hat, der sollte unbedingt einen Blick in Edgar Rais Roman »Nächsten Sommer« werfen: ein lässiger Roadtrip-Roman mit einem ganz ähnlichen Sound wie »303«.
Weingartner kürzte sein Material fürs Kino auf Spielfilmlänge, im Jahr 2021 erschien die längere Serienfassung, die in Zeit und Rhythmus dem originalen Drehtempo entspricht.