Ein Wochenende

BuchcoverEin letztes Mal treffen sich die Freundinnen Jude, Adele und Wendy in Sylvies Strandhaus am Meer. Wie oft haben sie dort Weihnachten verbracht, gestritten, gelacht und ihre jahrzehntelange Freundschaft gefeiert.

Doch dieses Jahr ist alles anders. Sylvie ist tot, ihre Tochter Gail will das Haus schnellstmöglich verkaufen. Ein letztes Mal überlässt sie es den Freundinnen ihrer Mutter, die praktischerweise auch gleich ausmisten sollen.

Das war etwas, worüber niemand redete: Wie kleinlich der Tod einen werden lassen konnte. Und dass man sich mit Freunden neu arrangieren und um die Lücke herumschleichen musste, die der oder die Tote hinterlassen hatte, alle plötzlich ratlos, wie sie miteinander umgehen sollten.
CHARLOTTE WOOD - Ein Wochenende

Mit gemischten Gefühlen machen sich die drei Frauen auf den Weg. Kaum angekommen beginnt Jude, die kultivierte Gastronomin, die Küche zu säubern. Müllsack um Müllsack füllt sie mit verkrusteten Töpfen und vergammelten Konserven.

Wendy, die feministische Intellektuelle, hat ihren altersschwachen, tauben und fast blinden Hund im Schlepptau. Sie selbst scheint dem Tier immer mehr zu ähneln, ungelenk, verwelkt und lebensuntüchtig.

Ganz anders Adele, einst der quirlige Mittelpunkt ihrer Runde. Noch immer ist die Schauspielerin eine strahlende Erscheinung, biegsam wie vor dreißig Jahren, mit wallender Mähne und einem üppigen Dekolleté.

Strand, Yoga Doch Adele ist komplett pleite, ohne Rente und ohne Engagements steht sie mittellos da. Verzweifelt sucht sie nach einer Perspektive: eine neue Liebe, ein neuer Job – und vor allem Geld.

Die Leute dachten, wenn man alt wurde, würde man sich die verlorene Jugend zurückwünschen, die verlorene Liebe, Männer, Sex. In Wirklichkeit jedoch wollte man Arbeit, und man wollte Geld.
CHARLOTTE WOOD - Ein Wochenende

Eine Frauenfreundschaft am Abgrund

Das gemeinsame Wochenende an einem bezaubernden Küstenort droht für die drei Freundinnen zum Desaster zu werden. Im Kopf fühlen sie sich noch jung, die Erinnerung an gemeinsam durchfeierte Nächte in der Mitte ihres Lebens ist kaum verblüht. Und dennoch liegen zwischen damals und heute mehr als drei Jahrzehnte und unzählige Enttäuschungen.

Und so kritteln sie aneinander herum und fragen sich, ob ihre Freundschaft am Ende ist. Waren die Macken der anderen schon immer so unerträglich? Oder haben sie sich mit dem Alter verstärkt?

Niemand durfte sich Judes Freigiebigkeit widersetzen. Hatte sie einem etwas geschenkt, löcherte sie einen auch noch monatelang mit Fragen nach dem Wohlergehen des betreffenden Gegenstands. Was macht die Couch? Hast du den Apfelzerteiler schon benutzt?
CHARLOTTE WOOD - Ein Wochenende

Charlotte Wood gelingt ein wunderbar feinfühliges und schonungslos ehrliches Portrait dreier Frauen, die die Siebzig überschritten haben und die sich fragen, ob das Leben überhaupt noch lohnenswerte Momente für sie hat. Im Stillen neiden sie einander die vermeintlich bessere Situation, den attraktiven Körper und die dichten Haare, das gut gepolsterte Bankkonto oder den langjährigen Geliebten.

Durch die Missgunst, die neben aller Zuneigung auch ein Treiber in dieser Frauenfreundschaft ist, gewinnen die Figuren viel Kontur und Glaubwürdigkeit. In ihrer Art zu Schreiben erinnert Charlotte Wood dabei an Meg Wolitzer, die sich in »Die Interessanten« ebenfalls dem Neid in Freundschaften widmet und auf eine ganz ähnliche, sehr lebensechte Weise über die Frauen schreibt.

Bis jetzt hatte sie nie darüber nachgedacht, dass sich das ausgeleierte Gummiband ihrer Freundschaft eines Tages auflösen könnte. Es schien unmöglich. Aber etwas Totes hatte sich in ihre Gefühle für einander eingeschlichen und schien sich auszudehnen.
CHARLOTTE WOOD - Ein Wochenende

»Ein Wochenende« ist kein Buch, in dem drei fitte Alte noch mal so richtig auf den Putz hauen und milde zurückblicken. Stattdessen schenkt uns Charlotte Wood einen vielschichtigen Roman über Zuneigung, Einsamkeit am Ende des Lebens und die Frage, wie wir uns im Alter treu bleiben können, ohne dabei unsere Würde zu verlieren.

Ein hinreißendes Buch, tiefsinnig, ehrlich, manchmal schonungslos, aber auch warmherzig und komisch.

Der Schauplatz der Geschichte, der fiktive Ort Bittoes liegt an der malerischen Central Coast von New South Wales. Der Küstenabschnitt zwischen Newcastle und Sydney ist berühmt für seine felsige Küste, das subtropische Klima und die schönen Strände.

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