Denen man vergibt

Denen man vergibt, BuchcoverIn der Wüste Marokkos veranstalten die Briten Richard und Dally eine dreitägige Party in ihrem opulent restaurierten Ksar. Das luxuriöse Anwesen ist prachtvoll illuminiert und der Champagner fließt in Strömen.

Die Gäste vergnügen sich am Pool, genießen die exquisiten Speisen und werden von historisch gekleideten Hausdienern umsorgt. Abends tanzt man unter einem prächtigen Sternenhimmel, wer mag raucht Marihuana oder schnupft eine Nase Kokain.

Zu den Eingeladenen gehören auch David Henninger, ein alter Schulfreund Richards, und seine Ehefrau Jo. Die beiden reisen abends mit einem Mietwagen an und legen in Chefchachouen eine Pause ein. David gönnt sich zur Abkühlung eine Karaffe Wein, dann setzt das Paar seine Fahrt durch die Wüste fort.

Unterwegs beginnen sie zu streiten – und dann überfährt David einen Fossilienverkäufer am Straßenrand. Geschockt erreichen die Henningers ihr Ziel und bitten die Gastgeber um Hilfe.

In Chefchachouen genehmigt sich David eine Karaffe Wein

Richard setzt auf seine guten Kontakte zur Obrigkeit und hofft auf eine diskrete Regelung. Die Party geht weiter als sei nichts geschehen, doch dann taucht die Familie des Opfers auf und verlangt Genugtuung.

David soll die Männer in die Wüste begleiten und dem Getöteten die letzte Ehre erweisen …

Tausende von Jahren ohne Bäume, ohne Wiesen, ohne Bequemlichkeit.
LAWRENCE OSBORNE - Denen man vergibt

Zwischen Anziehung und Abscheu

Lawrence Osborne hat einen eleganten Roman geschrieben, der die Leser unmittelbar in die Wüstenlandschaft Marokkos versetzt. Die karge Landschaft steht im Kontrast zu den hitzigen Emotionen, die David, Jo und den Hausangestellten Hamid zu überwältigen drohen.

Westliche Dekadenz trifft auf die Perspektivlosigkeit bettelarmer Berber, Hedonismus begegnet Sittenstrenge und geheimen Obsessionen, Überheblichkeit prallt auf Geschäftssinn und kaum verhohlene Korruption.

Richard und Dally bewohnen einen prunkvollen Ksar

Operettenhaft kostümierte Hausdiener treten auf, begegnen Besitzern und Gästen mit oberflächlicher Ehrerbietung und devotem Respekt. Doch im Geheimen verachten sie die Ausländer und verbergen nur mühsam ihren bitteren Neid.

Osborne kreiert eine Szenerie vulgär zur Schau gestellten Reichtums, die aus der Zeit gefallen zu sein scheint und gerade deshalb umso verstörender wirkt. Präzise seziert er die Beziehungen seiner Protagonisten, mit Biss und Ironie enthüllt er ihre geheimen Wünsche und Gefühle. Den Zauber und das Bedrohliche der Wüstenlandschaft fängt er in ausdrucksstarken Szenen und kinoreifen Bildern ein.

Je länger man liest, desto unsympathischer werden die Protagonisten und desto größer wird das Lesevergnügen. Ein herausragender Roman, spannend erzählt, raffiniert im Ton.

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