Sorry we missed you

Sorry we missed you - SzenenbildRicky und Abby leben mit ihren beiden Kindern in Newcastle. Sie sind eine liebevolle Familie, in der man füreinander einsteht.

Doch Geldsorgen zerren an den Nerven. Ricky schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, Abby fährt als Altenpflegerin kreuz und quer durch die Stadt.

Ich fand ein paar meiner alten Notizbücher. Auf einer Seite stand die Frage, was wäre, wenn wir eine Familie hätten, die in einem kleinen Haus wohnt, aber sich kaum sieht?
PAUL LAVERTY - Drehbuch

Bis Ricky eine Chance bei einem Paketdienst bekommt. Gute Arbeit, guter Verdienst. Der einzige Haken: niemand stellt ihn fest an, alle Fahrer arbeiten als Selbstständige.

Sorry we missed you - SzenenbildUm einzusteigen, muss Ricky von der Firma einen Lieferwagen zu einem absurden Preis anmieten – oder in ein eigenes Fahrzeug investieren. Nach kurzer Bedenkzeit setzten Abby und Ricky alles auf eine Karte.

Diese Menschen sind auf dem Papier selbstständig, aber nur auf dem Papier. Und wenn etwas schief läuft, tragen sie das volle Risiko.
KEN LOACH - Regisseur

Abby verkauft ihr Auto, damit Ricky durchstarten kann. Fortan bestreitet sie ihre Arbeitswege mit dem Bus, ihre Schichten dehnen sich deshalb bis in den späten Abend. Und auch Ricky arbeitet bald rund um die Uhr, denn für verspätetet ausgelieferte Pakete fallen Vertragsstrafen an.

Die Kinder bekommen ihre Eltern kaum noch zu Gesicht – und Rickys Selbstständigkeit erweist sich als Alptraum …

Schöne neue Arbeitswelt

Sorry we missed you - Szenenbild Regisseur Ken Loach zeigt in seinem neuesten Film, das er auch mit über achtzig Jahren noch immer der Meister des britischen Sozialdramas ist. Sein Film erzählt von den Menschen, die in Corona-Zeiten dafür gelobt werden, dass sie unsere Gesellschaft am Laufen halten, und die von ihrer harten Arbeit oftmals kaum leben können.

Die Pflegearbeit wird über die öffentliche Hand an Agenturen oder private Pflegedienste verteilt und die bekommen diese Aufträge, weil sie den besten Preis bieten.
KEN LOACH - Regisseur

Die Idee zu »Sorry we missed you« kam Ken Loach während der Dreharbeiten zu seinem vorangehenden Film (Ich, Daniel Blake), der von kafkaesken Zuständen im britischen Sozialhilfesystem erzählte. Während seiner Recherchen begegnete er vielen Menschen, die sich als Selbstständige unter prekären Bedingungen durchschlagen.

Sorry we missed you - SzenenbildAuch Ricky erfährt bald, dass seine vermeintliche unternehmerische Freiheit nur eine perfide Form der Ausbeutung ist. Die Fahrer werden mit Vertragsstrafen erpresst und mit unerreichbaren Tageszielen gegeneinander ausgespielt.

Hochentwickelte Technologie und Vernetzung sorgen dafür, dass ... der Kunde in Echtzeit über ... die voraussichtliche Auslieferung ... informiert wird. ... Das Resultat ist, dass der Lieferfahrer sich die Seele aus dem Leib hetzen muss, um die technologisch geschaffenen Möglichkeiten zu erfüllen ...
KEN LOACH - Regisseur

Derweil reibt sich Abby in der Altenpflege auf. Eine Arbeit die sie mag, auch wenn die Menschen, die sie pflegt, oft schwierig sind. Im Verlauf der Geschichte wird klar, dass es auch hier fast nur Verlierer gibt.

»Sorry we missed you« ist ein aufrüttelndes Drama, das zu Herzen geht. Der Filmtitel ist von den Zetteln inspiriert, welche die Paketboten hinterlassen, wenn sie Empfänger nicht antrafen. Warme Worte für die heiß umworbenen Kunden, ein Schlag ins Gesicht der Fahrer, die nur für zugestellte Sendungen bezahlt werden.

Wer diesen Film sieht, wird jedes Paket, das er entgegen nimmt – und hoffentlich auch den Mensch dahinter! – mit anderen Augen sehen. Vielleicht kann Kino die Welt doch ein bisschen verbessern.

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