Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry
Harold Fry lebt nahe der südenglischen Küste in Kingsbridge. Eigentlich will er nur kurz zum Briefkasten gehen, um seiner ehemaligen Kollegin Queenie Hennessy einen Brief zu schicken.
Queenie zog vor zwanzig Jahren an die schottische Grenze, nach Berwick-upon-Tweed. Jetzt ist sie dem Tod näher als dem Leben, denn Queenie hat Krebs und wohnt mittlerweile in einem Hospiz. Ihre Nachricht an Harold ist ein Abschiedsbrief.
Harold möchte Queenie noch etwas Wichtiges sagen. Etwas, für das er in seinem Brief keine Worte fand. Und deshalb läuft er am Briefkasten vorbei und macht sich zu Fuß auf den Weg nach Berwick-upon-Tweed.
Er, der Uncoole und Unsportliche, läuft 87 Tage lang. Tausend Kilometer quer durch England. Für Queenie, für seine Frau Maureen, für seinen Sohn David – und vor allem für sich selbst.
Das Geheimnis der Queenie Hennessy
Queenie und Harold waren erst Kollegen. Und dann Freunde. Mehr nicht. Doch dann lernt die unscheinbare Buchhalterin Harolds Sohn David kennen. Seinen einzigen Sohn, der sich später das Leben nahm. Bevor sie stirbt, will Queenie noch erzählen, was damals geschah.
Da sie selbst nicht mehr schreiben kann, diktiert Queenie ihren Brief der Schwester Mary Inconnue. Queenie blickt zurück auf ihr Leben, erzählt Harold weshalb sie kündigen musste und erinnert sich an die Zeit danach. An ihr Leben hoch oben an der schottischen Küste, in einem bescheidenem Haus mit einem Garten am Meer.
Und dann erfährt Queenie, das Harold auf dem Weg zur ihr nach Berwick-upon-Tweed ist. Doch seine Reise dauert länger als geplant und die Medien belagern ihn. Es ist fraglich, ob er Queenie überhaupt noch lebend antrifft …
Der äußere Schein trügt

Die skurilen Buchtitel und die putzigen Cover täuschen darüber hinweg, dass es sich bei beiden Büchern um dramatische Geschichten über Liebe, Krankheit und Schuld handelt, im Gewand einer unterhaltsamen Tragikomödie.
Im ersten Band (Die unwahrscheinliche Reise …) überwindet Harold seine Feigheit und macht sich auf, eine lang verdrängte Schuld zu begleichen. Auf seinem Weg durch England trifft er immer wieder auf Menschen, die ihm weiterhelfen. Einige weisen ihm den Weg, andere gewähren ihm eine Unterkunft oder begleiten ihn ein Stück.

Mit manchen von ihnen hätte freiwillig kein Wort gewechselt, sie kommen ihm eitel vor, überheblich – und vor allem viel glücklicher als er. Doch jetzt macht er die Erfahrung, dass der erste Anschein oft trügt. Und dass jeder sein ganz eigenes Päckchen zu tragen hat.
Der zweite Band (Queenie Hennessy) erzählt die Geschichte seiner Kollegin Queenie, die ein wenig unglücklich in Harold verliebt war und sich in eine schicksalhafte Beziehung zu Harolds depressiven Sohn David begab. Queenie half Harold und David mehr als einmal aus der Patsche, doch niemand würdigte ihre Entschlossenheit und ihren stillen Mut.

Feinfühlig porträtiert Rachel Joyce ihre Protagonisten, von den beiden Hauptfiguren über die Bewohner des Hospizes und bis zu den Menschen, denen Harold auf seiner Wanderung begegnet. Sie haben alle ihre Ecken und Kanten und nichts an ihrem Leben ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Diese gelungene Figurenzeichnung macht die Bücher zu einem kitschfreien Lesegenuss, der ans Herz geht.
Der zweite Band liest sich besonders spannend und wartet zum Schluss noch mit einer gekonnten Pointe auf. Preisgekrönte und warmherzige Literatur über lebensverändernde Momente, Liebe und Loyalität, Leben und Sterben.
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